Ab 2025: Ukraine leitet kein russisches Gas mehr nach Europa

Ab 2025: Ukraine leitet kein russisches Gas mehr nach Europa

Noch fließt russisches Gas durch die Ukraine und versorgt mehrere europäische Staaten – in 2 Jahren allerdings nicht mehr. Auch wenn Deutschland mittlerweile kein Abnehmerland mehr ist, hat diese Meldung Relevanz.

Das Ende der Lieferungen ist absehbar

Der russische Angriffskrieg dauert inzwischen mehr als eineinhalb Jahre an und noch immer wird Erdgas von Russland durch die Ukraine in europäische Länder transportiert. Kiew gestattet das bislang aus Rücksicht auf seine westlichen Partner, die auf die Lieferungen angewiesen sind. Ab 2025 ist damit aber Schluss. Dann läuft der Vertrag mit dem russischen Konzern Gazprom aus und wird nicht verlängert. Da Gazprom nicht wie vereinbart für den Transit zahle, wäre die Ukraine eigentlich bereit, schon früher einen Schlussstrich zu ziehen.

Gegenüber dem US-Auslandssender Radio Liberty erklärte Olexij Tschernyschow, Chef des staatlichen ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz: „Wir wollen auch ein zuverlässiger Partner sein für die europäischen Partner, für die Länder, die das brauchen.“ Deswegen erfolgt der Ausstieg erst zum 31.12.2024. Auch die russische Seite hatte bereits angekündigt, den Vertrag nicht mehr zu verlängern.

Ein EU-Staat ist besonders betroffen

Zu den Abnehmern des russischen Erdgases gehören neben Moldawien die EU-Staaten Polen, Slowakei, Rumänien, Ungarn sowie Italien und Kroatien. Am stärksten würde der Stopp allerdings Österreich treffen. Nach Informationen der New Yorker Columbia Universität hat Deutschlands Nachbar im letzten Jahr 5 Milliarden Kubikmeter Gas auf diese Weise importiert. Das entspricht nahezu der Hälfte der Gesamtmenge, die Österreich bezieht. Allerdings konnte dieser Anteil bereits merklich reduziert werden: Vor Beginn des Ukraine-Konflikts lag er noch bei 80 Prozent.

Gerhard Roiss, der ehemalige Chef des österreichischen Energiekonzerns OMV, zeigte sich zuletzt auf einer Podiumsdiskussion zuversichtlich: „Wenn wir heute die richtigen Maßnahmen treffen, dann können wir bis Ende 2024 unabhängig von russischem Gas sein“, zitiert ihn das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Die restlichen EU-Staaten beziehen zu einem wesentlich geringeren Anteil Erdgas aus Russland. Zwar würde der Transitstopp die gesamteuropäische Gasversorgung nicht gefährden – ein Kostenanstieg gilt aber als wahrscheinlich. Im Schnitt ist der Gaspreis in Mitteleuropa höher als im Norden. „Diese Preisdifferenzen würden sich dann zunächst verstärken“, erklärt Andreas Schröder, Leiter der Energieanalyse beim Marktforscher ICIS, im Gespräch mit dem RND. Die betroffenen Länder Mitteleuropas sind nun veranlasst, schnellstmöglich neue Lieferanten zu gewinnen.

Gemeinsam drohende Engpässe verhindern

Die bevorstehenden Entwicklungen haben auch Einfluss auf Deutschland, das selbst inzwischen kein Pipeline-Gas mehr aus Russland bezieht. Deutschland gehört zum europäischen Gasverbund: Die Mitgliedsstaaten der EU haben sich auf Regeln geeinigt, falls Versorgungsengpässe in einzelnen Ländern drohen. Die Vereinbarung besagt, dass die Versorgung privater Verbraucher in den Krisenregionen Vorrang hat – auch wenn dafür Abstriche für die Industrie in Regionen mit gesicherter Versorgung notwendig sind. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte das schon im Juni beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow in einer Rede angedeutet: „Bevor die Leute dort frieren, müssten wir unsere Industrie drosseln oder gar abschalten.“

Damit es nicht erst so weit kommt, sind Alternativen für das russische Gas notwendig. Ein Teil des Bedarfs ließe sich über Lieferungen aus der Türkei decken. Weil das jedoch nicht ausreicht, ist mindestens eine weitere Bezugsquelle erforderlich. Deutschland könnte in Zukunft als Transitland noch eine wichtige Rolle zukommen, um Partner wie Österreich oder die Slowakei zu versorgen. In Wilhelmshaven entsteht im Winter ein zweites Terminal für den Import von Flüssigerdgas. Eine Anlage ist dort bereits in Betrieb, weitere befinden sich in Brunsbüttel sowie im mecklenburgischen Lubmin. Für 2027 hat sich die EU ohnehin zum Ziel gesetzt, keine fossile Energie mehr aus Russland zu importieren.