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Gasnetz in Deutschland: In Zukunft überflüssig?
Es durchzieht das ganze Land, versorgt es mit Energie – und könnte bald nicht mehr gebraucht werden: Aktuell ist offen, welche Rolle das deutsche Gasverteilernetz in den nächsten Jahrzehnten spielen soll.
Riesiges Leitungssystem, immenser Wert
Ein gigantisches Netz von rund 550.000 Kilometern verläuft durch Deutschland. Es transportiert Erdgas und damit einen der derzeit noch wichtigsten Rohstoffe. Dank des Gasleitungssystems werden Privathaushalte und Freizeiteinrichtungen beheizt sowie viele Industriebetriebe bei der Produktion versorgt. Hierzulande sind die Hälfte aller Haushalte sowie etwa 1,8 Millionen Gewerbe- und Industriekunden an dieses Netz angeschlossen.
Doch künftig wird es Veränderungen geben: Deutschland will ab 2045 nahezu komplett auf Erdgas und andere fossile Energieträger verzichten. Dabei stellt sich die Frage, was mit dem Leitungsnetz geschieht, dessen Wert nach Einschätzungen der Gasbranche bei rund 2,7 Milliarden Euro liegt. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sowie die Wärmeplanung haben entscheidenden Einfluss darauf. Denn von diesen Bestimmungen hängt im Wesentlichen ab, wie in Deutschland geheizt wird.
Wasserstoff in Gasleitungen – Szenario mit Fragezeichen
Ein Lösungsansatz sieht vor, die vorhandenen Leitungen zum Transport von Wasserstoff zu verwenden. Immerhin soll dieser Energieträger vermehrt an Bedeutung gewinnen. Die Expertenmeinungen gehen auseinander, ob das tatsächlich umsetzbar ist. Mancherorts bestehen Gasleitungen aus Kunststoff, an anderen Stellen aus verschiedenen Stahllegierungen. Teilweise können die Rohre durch den Wasserstoff angegriffen werden und nicht überall ist ein Nachrüsten möglich.
Derzeit lässt sich aber ohnehin noch nicht genau vorhersagen, welchen Stellenwert Wasserstoff in Zukunft einnehmen wird. Franziska Holz ist Wirtschaftswissenschaftlerin und für das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin tätig. Im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung zeigt sie sich „zurückhaltend, was den Einsatz von Wasserstoff angeht“. Vieles, wie etwa das Heizen mit einer Wärmepumpe, ließe sich mit Strom günstiger betreiben als mit Wasserstoff. Für einige Prozesse sei allerdings Wasserstoff notwendig – so ist unter anderem die Stahlverarbeitung darauf angewiesen.
Stilllegen oder bewahren?
Die Bundesnetzagentur, die für das Gasverteilernetz zuständig ist, hat schon einen groben Plan für die Zukunft. Es gibt Hochdruckleitungen von rund 34.000 Kilometern Länge, die bislang für den Gastransport über weite Entfernungen dienen. Nach Annahme der Behörde sei es bei diesen Leitungen möglich, sie „zum größten Teil“ auf den Transport von Wasserstoff umzurüsten. Für viele Bereiche des Netzes dürfte aber später keine Verwendung mehr bestehen.
Zur Stilllegung existieren unterschiedliche Meinungen. So regen Grünen-Politiker wie Ingrid Nestle an, zeitnah mit dem Verkleinern des Gasnetzes zu beginnen, um „diesen Prozess geordnet und damit für alle bezahlbar zu organisieren“ sowie einen starken Anstieg der Netzentgelte zu verhindern. Versorger auf kommunaler Ebene sind gegen ein voreiliges Abwracken einer vorhandenen, intakten Infrastruktur. Vielleicht könnte sie in Zukunft noch einen Zweck erfüllen. Ausgrabungen der Leitungen sind aber ohnehin nicht zu erwarten. Voraussichtlich werden sie nur stillgelegt und verbleiben in der Erde.