Unsicherheit für Deutschlands Gasversorgung: USA schränken LNG-Exporte ein

Unsicherheit für Gasversorgung: USA schränken LNG-Exporte ein

US-Präsident Joe Biden hat die Genehmigung neuer LNG-Exportvorhaben vorerst gestoppt. Das könnte die deutschen Pläne zum Import von Flüssiggas durcheinanderbringen.

Die Gasabhängigkeit Deutschlands von Russland war den Vereinigten Staaten schon immer ein Dorn im Auge. Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hatte während seiner Amtszeit versucht, den Bau der Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 zu verhindern, die quer unter der Ostsee verläuft und Deutschland mit preisgünstigem Erdgas versorgen sollte. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine führte zum Ende des Projekts. Deutschland suchte daraufhin nach alternativen Gaslieferanten und setzte auf Flüssiggasimporte aus den USA.

Biden legt LNG-Pläne auf Eis

Überraschend hat der amtierende US-Präsident Biden die Entscheidung über Genehmigungen für weitere Exportvorhaben von Flüssiggas für mehrere Monate ausgesetzt. Als Begründung nannte das Weiße Haus, die Auswirkungen der LNG-Exporte auf die Energiekosten, die Energiesicherheit und die Umwelt genauer untersuchen zu wollen.

Im Zuge dessen werden auch Bauprojekte für neue Terminals an den US-Küsten vorerst gestoppt. Die Pause gilt für alle Länder, die kein Freihandelsabkommen mit den USA haben – inklusive der EU und Deutschland. Auch die Zukunft der in den vergangenen Monaten in Deutschland errichteten LNG-Terminals ist ungewiss.

Deutschland stark von US-Flüssiggas abhängig

Das plötzliche Moratorium könnte die deutschen LNG-Planungen durcheinanderbringen. Nach Vladimir Putins Angriffskrieg war die Bundesregierung händeringend auf der Suche nach Ersatz für die weggefallenen Gaslieferungen aus Russland und vertraute dabei auf die wachsenden LNG-Exporte der USA. Deutsche Konzerne sind bereits milliardenschwere Lieferverträge eingegangen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte große Hoffnungen in die Importe aus den USA gesetzt und war dafür nach Washington gereist.

Laut aktuellen Zahlen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezog die Bundesrepublik im vergangenen Jahr 83 Prozent ihres importierten Flüssiggases aus den USA. Allerdings wickelt Deutschland seine Gasimporte bislang nur zu einem kleinen Teil über LNG ab: Aktuell sind es lediglich 7 Prozent. Der Großteil ist nach wie vor herkömmliches Erdgas.

Gaspreise abhängig vom Wahlausgang in den USA?

Flüssiggas ist ebenfalls Erdgas, das aber auf minus 162 Grad Celsius heruntergekühlt wird. Dadurch verringert sich sein Volumen immens und lässt sich leichter transportieren. An den Terminals in den Importländern wird das LNG wieder erwärmt und in das reguläre Gasnetz eingespeist. Umweltschützer begrüßen Bidens Entscheidung, die LNG-Exporte zu stoppen. Sie kritisieren, dass Flüssiggas häufig durch umweltschädliches Fracking gewonnen wird. Allerdings könnte die Entscheidung Bidens schon bald obsolet sein. Trump, der aller Voraussicht nach im November gegen Biden bei der Wahl zum US-Präsidenten antreten wird, hat bereits angekündigt, die Entscheidung zu revidieren, sollte er als Sieger hervorgehen.

Kurzfristig hat der Lieferstopp keine Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in Deutschland. Derzeit bewegen sich die Gaspreise auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Innerhalb der letzten 12 Monate sind sie um 49 Prozent gefallen. Sollten die USA aber den bereits geplanten Bau neuer LNG-Terminals verwerfen, würde das durchaus negative Auswirkungen für die Bundesrepublik mit sich bringen. „Anhaltend höhere Gaspreise könnten die Folge sein“, zitiert FOCUS online den Energieexperten Malte Küper vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln). Das Wirtschaftsministerium beobachte die Lage genau, teilte dem Magazin eine Sprecherin mit. Die Bundesregierung stehe daher auch mit der US-Regierung zu diesem Thema im Austausch.